Der 2016 verstorbene David Bowie erlebt gerade im Volkstheater Wien eine doppelte Wiederauferstehung: als Musiker und Schauspieler auf der einen Seite und in seiner Rolle als Thomas Jerome Newton aus dem Film Der Mann der vom Himmel fiel auf der anderen. In Wien wird nämlich das von ihm und Enda Walsh verfasste und 2015 uraufgeführte Musical Lazarus gespielt. Mit deutschen Dialogen aber englischsprachigen Songs. Und wenn ich schon wegen einer Konferenz nach Wien “muss”, dann ist ein Theaterbesuch natürlich Pflicht.
Die Handlung von Lazarus setzt einige Zeit nach dem Ende des Films ein. Newton, der auf die Erde reiste, um Wasser und Treibstoff für seinen Planeten zu beschaffen, ist hier gestrandet, hat es aber mit seinem Wissen zum erfolgreichen Geschäftsmann gebracht. Doch diese Zeiten sind lange vorbei und jetzt schließt er sich in seiner Wohnung ein – nur in Gesellschaft einer Gin-Flasche. Dann bekommt er aber verschiedene übersinnliche Besucher, die ihn zwingen, sich seinem Leben zu stellen. Ähnlichkeiten zu Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte sind dabei wahrscheinlich nicht zufällig.
Wie macht man aus David Bowie ein Musical?
Der absolute Star des Stücks sind dabei natürlich die Bowie-Songs. Von Superhits wie Life on Mars? oder Heroes bis hin zu mir bislang unbekannten Stücken gibt es eine Menge guter Musik. Gesungen werden die Songs live auf der Bühne vom Ensemble des Volkstheaters, die ihre Sache durch die Bank weg sehr gut machen. Dabei haben sie sich eigentlich ein unmögliches Ziel gesetzt: Nur David Bowie kann David-Bowie-Songs singen.
Dabei werden die Songs auf eine interessante Weise in die Handlung eingebunden: Im Gegensatz zu vielen anderen Musicals wird hier nicht die Geschichte erzählt. Stattdessen werden die Emotionen der Figuren oder die Stimmung der Situation ausgedrückt. So gelingt es, dass Musik und Dialoge ein organisches Ganzes ergeben, auch wenn die Songs natürlich lange vor dem Musical geschrieben worden sind.
Zwischen 80er-Disco und modernem Theater
Eine besonders anspruchsvolle Aufgabe hat an diesem Abend Günter Franzmeier, der nicht nur Thomas Newton verkörpert, sondern auch David Bowie und natürlich David Bowie, wie er Thomas Newton spielt. Dabei hat er mich schauspielerisch überzeugt, gesanglich brauchte er am Anfang eine Zeit, um warm zu werden. Schauspielerisch wie gesanglich war mein Favorit an diesem Abend Katharina Klar, die dem geisterhaften Mädchen eine stille aber intensive Präsenz verleiht.
Neben den Songs und dem Ensemble gibt es ein drittes Highlight des Stückes: die von Wolfgang Menardi gestaltete bunte und dynamische Bühne. Irgendwo zwischen 80er-Jahre-Disco und modernem Theater bringen nicht nur einer, sondern gleich zwei Drehbühnen Bewegung in das Stück. Dazu kommen im späteren Verlauf mehrere vermutlich mit polarisierter Folie bespannte Rahmen, die interessante Lichtwechsel und -effekte ermöglichen. Zusätzlich sind alle Figuren von Jelena Miletic auf einen bowiesken Look getrimmt, mit der blauen Augenbraue als herausstechendem Merkmal.
Insgesamt geht es bei Lazarus also weniger um die Handlung oder die Fortsetzung eines Films. Schon über seine Rolle in Der Mann, der vom Himmel fiel sagte Bowie, er habe in erster Linie sich selbst gespielt, und so wird dieser Abend zu einer Hommage an David Bowie, seine Musik und sein Leben. Dabei verschwimmen Musik und Theater zu einem unterhaltsamen wie nachdenklichen Theaterabend.
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