Von guten und bösen Buch-Überraschungen 2015


Normalerweise findet ihr hier ja nicht wirklich so viele Blogparaden, Stöckchen und Co, aber einen Jahresrückblick auf das Lesejahr 2015 kann ich mir an dieser Stelle schlecht entgehen lassen. Deswegen greife ich die Fragen von den BuchSaiten auf, um das Ganze ein wenig zu strukturieren. Es geht dabei in erster Linie um die positiven und die negativen Überraschungen sowie Neuentdeckungen. Bei mir gibt es jeweils zwei Antworten: eine für den Bereich Science-Fiction und Fantasy und eine für die zahlreichen Sachbücher, durch die ich mich im letzten Jahr gefressen habe.

Welches war das Buch in diesem Jahr, von dem ich mir wenig versprochen habe, das mich dann aber positiv überrascht hat?

Die positive Überraschung im Bereich Science-Fiction und Fantasy waren sicherlich die – schon etwas älteren – Romane zu Star Wars Episode I, II und III. Die Filme habe ich mir damals angeschaut und war ziemlich unterwältigt, wollte mich aber auf Episode VII vorbereiten und habe mich deswegen an die Romane gemacht, die allgemein sehr gute Kritiken geerntet haben. Und tatsächlich sind die drei Romane – im Gegensatz zu dem zu Episode IV – sehr gut geschrieben und erzählen die Geschichte von Anakin Skywalker auf einem ganz anderen Niveau als die Filme.

Im Bereich Sachbuch wäre als positivste Überraschung vermutlich Die Granulare Gesellschaft von GEO-Chefredakteur Christoph Kucklick. Bücher über das Internet gibt es wie Sand am Meer und nur wenige haben wirklich etwas Neues zu sagen, wenn man sich tagein, tagaus im Netz bewegt und die entsprechenden Diskussionen verfolgt. Kucklick schafft es aber mit einer einfachen Idee – der Granularisierung – das Wesen der Veränderungen, die das Netz mit sich bringt, zu treffen und viele spannende Gedanken zu entwickeln. Meine ausführliche Zusammenfassung findet ihr hier: Die Vermessung der Welt und das Ende des gesunden Menschenverstandes?

Welches war das Buch in diesem Jahr, von dem ich mir viel versprochen habe, das mich dann aber negativ überrascht hat? (und Begründung)

Die negative Überraschung im Bereich Phantastik war für mich letztes Jahr die Reihe Southern Reach von Jeff Vandermeer. Mit Genrepreisen noch und nöcher versehen und hochgelobt, bin ich mit den Büchern einfach nicht warm geworden und habe das Lesen tatsächlich in der Mitte des letzten Buchs abgebrochen. Diese Art von magischem Realismus in der das Übersinnliche in unsere Welt eindringt spricht einfach nicht mit mir und lässt mich erstaunlich kalt. Da das auch schon bei Klassikern wie Picknick am Wegesrand der Fall war, liegt das aber vermutlich weniger an der Reihe selbst, als an meinen Lesevorlieben.

Das Sachbuch, von dem ich besonders negativ überrascht worden bin war die Autobiographie von Oliver Sacks, On the Move. So sehr ich die anderen Bücher von Sacks schätze, der letztes Jahr leider verstorben ist, so wenig kann ich seiner hochgelobten Autobiographie abgewinnen. Sie hat sich für mich wie eine unstrukturierte Sammlung einzelner Anekdoten angefühlt, die mir weder die Person noch den Wissenschaftler oder Autor Sacks näher gebracht haben.

Welches war eure persönliche Autoren-Neuentdeckung in diesem Jahr und warum?

Nicht wirklich überraschend, weil noch höher gepriesen als Jeff Vandermeer, war die Entdeckung des Jahres im Bereich Science-Fiction für mich der chinesische Autor Cixin Liu, dessen großartige Reihe The Three-Body-Problem erstmals ins Englische übersetzt worden ist (und, wie ich gerade sehe, im September bei Heyne auch auf Deutsch erscheint!). Gerade der erste Band ist vermutlich das cleverste Stück SF, das mir bisher unter die Finger gekommen ist. Die Ideen, die Liu in diesen Romanen verbaut sind so unglaublich abgefahren und gleichzeitig plausibel, dass ich nur zwischen baffem Erstaunen und herzhaftem Lachen wechseln konnte. Eine ausführliche Rezension gibt es in meinem Podcast Weltenflüstern.

Bei den Sachbüchern hat mich letztes Jahr Vincent Deary mit dem ersten Teil seiner Anleitung für das Leben, Wie wir sind, vom Hocker gehauen. Deary ist Psychoanalytiker und ein grandioser Menschenkenner, der seine Gedanken prägnant, unterhaltsam und weise zu Papier bringen kann. Er beschreibt, wie wir Menschen Veränderungen wahrnehmen, uns selbst immer wieder neu orientieren müssen und als wie gefährlich wir diesen Prozess empfinden. Meine Darstellung der zentralen Ideen – inklusive Videorezension – findet ihr hier: Eine Anleitung für das Leben? Vier Ideen aus „Wie wir sind“ von Vincent Deary.

Welches Buch wollt ihr 2016 unbedingt lesen und warum?

Das ist einfach: Den dritten Band aus der Reihe von Cixin Liu mit dem Titel Death’s End und den zweiten Teil der Anleitung für das Leben von Vincent Deary, Wie wir leiden.

Jetzt bin ich gespannt, was 2016 so an guten Büchern bringen wird und verabschiede mich dann gleich auch mal wieder in meinen Lesesessel. Und zwar mit Range of Ghosts von Elizabeth Bear.

Eine Antwort

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