Eine der großen Herausforderungen bei einem physischen Zettelkasten ist die Abbildung einer komplexen verschachtelten und verästelten Struktur in einer echten, physischen Ablage – in meinem Fall, einem klassischen Karteikasten. Hier kann ich keine komplexen Bäume legen, sondern immer nur einen Zettel hinter den anderen.
Aufbauend auf dem mittlerweile in der Szene „ikonischen“ Zettelkasten Niklas Luhmanns, nutze ich hier eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen, die jedem Zettel zwei Dinge zuweist:
- Eine klare Position in der linearen, weil physischen, Ablage
- Eine Position im verschachtelten und verästelten Baum der inhaltlichen Struktur des Zettelkastens
Auf diese Weise entsteht eine feste und unveränderliche Adresse, unter der ich auf einen Gedanken bzw. eine Idee verweisen kann.
Niklas Luhmann geht dabei folgendermaßen vor:
- 1 (Einordnung in die grobe Themenstruktur)
- 1,1 (erster Zettel dieser Themenstruktur)
- 1,1a (Abzweigung des Gedankens von 1,1)
- 1,1b (Fortführung der Abzweigung)
- 1,1b1 (Abzweigung von 1,1b)
- 1,2 (Fortführung des Gedankens von 1,1)
– ..
- 1,1 (erster Zettel dieser Themenstruktur)
Während ich die Grundidee dieser verschachtelten Struktur weiterhin genial finde, erschließt sich mir dieses Vorgehen jedoch nur bedingt. Während es sehr intuitiv ist, dass 1,1; 1,2 und 1,3 denselben Gedankengang vertiefen, finde ich das Verhältnis zu den Abzweigungen schwierig: Was, wenn ich einen zweiten „Wurzel“-Gedanken in die Kategorie 1 einbringen möchte?
- Ich könnte ihn als Abzweig von 1,1 – also 1,1a – einhängen. Aber vielleicht will ich gerade das nicht?
- Ich könnte ihn als 1a,1 kennzeichnen und damit einen zweiten Baum beginnen. Aber warum hat dieser den Zusatz „a“ und der erste nicht? Sind die unterschiedlich relevant? Nicht wirklich, der erste war einfach früher da…
Meine Struktur
Um diese Schwierigkeiten zu umgehen, ist meine Struktur etwas anders:
- 1 (Neuer Grundgedanke, der nirgendwo sonst in den Kasten passt)
- 1a (Erste Forsetzung dieses Gedankens)
- 1a1 (Erste Fortsetzung von 1a)
- 1a1a (Erste Fortsetzung von 1a1)
- 1a2 (Zweite Fortsetzung von 1a)
- 1a1 (Erste Fortsetzung von 1a)
- 1b (Zweite Fortsetzung von 1)
- …
- 1a (Erste Forsetzung dieses Gedankens)
Auf diese Weise entsteht eine klassische Baumstruktur, bei der jeder Zettel beliebig viele Fortsetzungen haben kann und ich nicht zwischen eindeutiger „Fortsetzung“ und beliebigen „Abzweigungen“ unterscheiden muss. Ich kann so auch „Geschwistergedanken“ sofort als solche erkennen. Diese Struktur erschließt sich mir einfacher.
Der Nachteil ist, dass die Zettelnummern bei sehr langen Gedanken etwas länger werden können. Mein aktueller Rekord ist 1a2e1a2b1a1a1a1. Das wäre bei Luhmann etwas wie 1,1a4b1a6 Doch das ist mir der intuitivere Zugang wert. Zumal ich eher in die Breite denke – also viele Abzweigungen vornehme. Vielleicht überlege ich mir hier auch nochmal eine Kurznotation.
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