Von New York nach Puerto Rico: Auf der Suche nach der dreckigen Pfeife

Am Montag, den 21. Dezember, hatte ich die Freude, der ersten Probe der Dortmunder Philharmoniker für das Neujahrskonzert 2016 beiwohnen zu können.  Darüber ist jetzt auf dem Blog der Philharmoniker mein Gastbeitrag erschienen (08.23: Leider mittlerweile offline, daher hier im Volltext:

Der Titel des diesjährigen – naja, streng genommen nächstjährigen – Neujahrskonzerts der Dortmunder Philharmoniker ist vielversprechend: „Von New York nach Puerto Rico“ verheißt us-amerikanische Moderne gepaart mit lateinamerikanischer Lebensfreude.

Dabei bietet die Auswahl der Musikstücke von George Gershwins „Cuban Overture“ über Leoard Bernsteins „West Side Story“ bis hin zu Alberto Ginasteras „Estancia“ zahlreiche Anlässe über die Verschmelzung von Kulturen und die Überwindung von Grenzen zu philosophieren, die in diesem Jahr so aktuell geworden ist wie selten. Auch die Macht der Liebe, die in der Lage ist, jede Grenze zu überwinden böte sich als Aufhänger an.

Doch der Besuch der ersten Probe für dieses Konzert hat mir etwas anderes vor Augen geführt: das unglaubliche Können, die jahrelange Erfahrung und die konzentrierte Arbeit, die vonseiten des Orchesters und des Dirigenten notwendig sind, um ein solches Konzert auf die Bühne zu bringen. Denn bereits der erste gemeinsame Versuch, den Prolog von „West Side Story“ zu spielen, klingt für mich als unbedarften Gast sehr hörenswert. Hier zeigt sich, wie gut das Orchester darin ist, Stücke vom Blatt und basierend auf Vorerfahrungen zu spielen.

Jetzt beginnt jedoch erst die Arbeit von Generalmusikdirektor und Dirigent Gabriel Feltz: Wie ein Bildhauer legt er mit knappen und präzisen Eingriffen im Zusammenspiel mit den Musikern nach und nach den perfekten Klang des Stückes frei. Er weist auf ein verstecktes Crescendo hin, das nicht genug zu Geltung kommt, stimmt die Lautstärke der Bläser und Streicher auf die leisen Töne des Pianos und der Harfe ab und tüftelt am perfekten Klang eines einzelnen Vibraphon-Schlags. Er betont die Lässigkeit am Anfang des Stücks und hilft den Musikern, sie nach und nach in die aggressive Schärfe des Finales zu überführen.

So kommt es, dass kurzzeitig eine Trillerpfeife im Mittelpunkt steht, die bei ihren wenigen Einsätzen nicht „dreckig“ genug klingt, um die feindselige Atmosphäre des New York in „West Side Story“ zu vermitteln. Auch andere sofort verfügbare Pfeifen finden keinen Anklang und so beschließt einer der Musiker die Probe mit einer Hausaufgabe: der Suche nach der dreckigen Pfeife.

Davon, ob er sie gefunden hat, können Sie sich am Neujahrstag selbst überzeugen, um 16 oder 19 Uhr im Opernhaus Dortmund.

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