Das Geheimnis liegt in der Struktur: Die 5 Abschnitte jeder wissenschaftlichen Arbeit

In wissenschaftlichen Texten geht es nicht darum alles hinzuschreiben, was man zu einem Thema weiß. Vielmehr gilt es, eine spezifische Frage zu entwickeln, diese zu begründen, im wissenschaftlichen Kontext zu verorten und sie schließlich zu beantworten. Um es dem Leser möglichst leicht zu machen, deine Argumentation zu verstehen, solltest du deinen Text grob anhand der folgenden fünf Abschnitte strukturieren:

Jeder dieser Teile (naja, alle bis auf einen) lässt sich anhand einer Leitfrage charakterisieren, die du in deinem Text auf jeden Fall und meist auch in dieser Reihenfolge beantworten solltest.

1. Einleitung („Worum geht es?“)

Die Einleitung beginnt mit einem Aufhänger, den du als Einstieg in diese Arbeit nutzt. Hier kannst du ein aktuelles Ereignis, eine gesellschaftliche Diskussion, ein allgemein bekanntes Problem oder eine provokante These nutzen. Der Einstieg muss dabei nicht wissenschaftlich sein, sondern soll den Leser dazu bringen, mehr als die ersten Zeilen deines Textes zu lesen.

Im Anschluss geht es darum, von diesem breiten Einstieg nach und nach zu einem spezifischeren Thema überzuleiten, bis am Ende der Einleitung eine möglichst klar formulierte Forschungsfrage steht. Diese solltest du unbedingt explizit formulieren und so spezifisch, dass du sie am Ende deines Textes ebenso explizit beantworten kannst.

Beispiele:

„Ist das Armutsrisiko von Familien mit mehr als drei Kindern höher als das von Familien mit weniger Kindern?“

„Wie spiegelt sich der erste Weltkrieg im Werk Thomas Manns?“

Zum Abschluss der Einleitung solltest du den Leser darauf vorbereiten, wie der Rest der Arbeit strukturiert ist. Kündige hier kurz an, was in den restlichen Kapiteln passieren wird, damit der Leser grundsätzlich orientiert ist und sich im Zweifel gleich die für ihn interessanten Teile heraussuchen kann.

Beispiele:

„Das zweite Kapitel rekonstruiert…“

„Anschließend skizziert das dritte Kapitel…“

2. Stand der Forschung („Was gibt es schon?“ / „Was weiß ich schon?“)

Im zweiten Abschnitt geht es darum, das bereits vorhandene Wissen im Bezug auf die eben formulierte Frage zusammenzutragen und zu strukturieren. Dieser Teil dient der Aufarbeitung der Forschungsliteratur und verfügt im Normalfall über die meisten Quellenverweise. Damit legst du den Grundstein für deine eigene Arbeit, weil du zeigst, worauf du aufbauen kannst und auch, wovon du dich abgrenzen möchtest.

Ganz am Anfang des Studiums oder in der Facharbeit kann es auch reichen, hier lediglich eigenes Wissen zu präsentieren und auf diese Weise den Ausgangspunkt der Arbeit klar zu machen.

Am Ende dieses Kapitels solltest du eine möglichst eindeutige Forschungslücke formuliert haben, die du im weiteren Verlauf deiner Arbeit füllen möchtest. Das heißt, dass du deine Frage mit Blick auf die schon vorhandenen Arbeiten weiter zuschneiden und eventuell präziser formulieren kannst.

Beispiel einer Formulierung der Forschungslücke:

„Der bisherige Stand der Forschung lässt dabei besonders … außer acht, was zu folgender Präzisierung der Forschungsfrage führt:…“

3. Eigener Ansatz („Was mache ich?“)

Nachdem jetzt du jetzt endlich ausreichend klar gemacht hast, was deine Frage ist und worauf du aufbaust, stellst du in diesem Abschnitt dar, wie du diese Forschungslücke füllen möchtest. Hier kannst du eine neue Herangehensweise schildern, die auf dieses Problem bisher noch nicht angewandt wurde oder ein eigenes theoretisches Model entwickeln. Dabei ist es wichtig, im Blick zu behalten, was genau dein Ansatz den Arbeiten anderer hinzufügt.

Falls du in deiner Arbeit eine eigene empirische Erhebung machst, ist dies auch der Ort, an dem du dein methodisches Vorgehen entwickelst und begründest.

4. Eigene Arbeit

Jetzt kommt endlich der Teil, in dem du deine eigene Argumentation für die Beantwortung der Forschungsfrage entwickelst. Achte dabei darauf, die Struktur auch hier tatsächlich auf die Frage auszurichten und widerstehe der Versuchung, Dinge aufzunehmen, weil du sie spannend findest oder eben schon was dazu geschrieben hast.

5. Fazit („Was habe ich gemacht?“)

Im Fazit kannst du deine gesamte Arbeit zusammenfassen, und zwar die gesamte Argumentation aus den Abschnitten 2 bis 4. Wenn du hier jedem Kapitel einen Absatz gönnst, kann der Leser deine Argumentation leicht nachvollziehen. So hast du auch die Möglichkeit, noch mal gesondert auf die in deinen Augen zentralen Punkte hinzuweisen.

Beispiele einer solchen Zusammenfassung:

„Kapitel 3 hat aufgezeigt, dass…“

„Aufbauend auf diesen Überlegungen arbeitet Kapitel 4 heraus, dass…“

Dann solltest du an dieser Stelle deine in der Einleitung formulierte Forschungsfrage beantworten. Und zwar möglichst explizit, sodass man Frage und Antwort direkt nebeneinanderstellen könnte. So nimmt selbst der Leser, der nur dein Fazit überfliegt den zentralen Aspekt deiner Arbeit mit.

Beispiel für eine solche Antwort:

„Das Armutsrisiko von Familien mit mehr als drei Kindern liegt somit um 7% höher als das von Familien mit weniger Kindern. Dies ist in erster Linie auf … zurückzuführen.“

Im Anschluss an die Antwort solltest du dann noch die Relevanz dieser Antwort diskutieren – gerade im Hinblick auf die in Abschnitt 2 referierte Forschungsliteratur – und mögliche anschließende Forschungsvorhaben anreißen.

Unterschiedliche Anteile der 5 Abschnitte

Jeder dieser Teile sollte in deiner Arbeit vorkommen, dabei können die Gewichte jedoch unterschiedlich verteilt sein. Grundsätzlich sollten Einleitung und Fazit jeweils 5% bis 10% der Arbeit ausmachen (je länger der Text, desto geringer der Anteil). Abschnitt 2 kann je nach vorausgesetztem Vorwissen sehr stark in der Größe variieren, so reicht bei einer Facharbeit vielleicht schon eine halbe Seite, während er bei einer Doktorarbeit bis zu 25% des gesamten Textes umfassen kann.

(Bild: Tom Eversley)

2 Antworten zu „Das Geheimnis liegt in der Struktur: Die 5 Abschnitte jeder wissenschaftlichen Arbeit“

  1. […] greift ihr auf die klassischen Elemente einer wissenschaftlichen Arbeit zurück — Einleitung, Stand der Forschung, eigene Herangehensweise, empirische Untersuchung, […]

  2. […] (Die unterschiedlichen Teile einer wissenschaftlichen Arbeit habe ich in meinem Artikel zu den 5 Abschnitten jeder wissenschaftlichen Arbeit ausführlich erklärt.) Erst dann bist du soweit, deine Forschungsfrage endgültig formulieren […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert