Das Beet
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Am Anfang jeder Woche warten wir voller Vorfreude auf das neue Segment aus Last Week Tonight, einer amerikanischen Show irgendwo zwischen Frontal 21, Böhmermann und heute Show. Letzte Woche ging es um den Sport in Zeiten von Corona, ein Thema, in dem Deutschland mit dem Re-Start der Fußball-Bundesliga und jetzt wohl auch mit dem Finalturnier der Basketball-Bundesliga weltweit “führend” ist - ob im Sinne von “Wir haben es als erste geschafft” oder von “Wir sind die Leichtsinnigsten”, lasse ich mal dahin gestellt.
John Oliver, Moderator der Show, scheint den Profi-Sport aktuell eher kritisch zu sehen und hat auf Youtube eine Alternative aufgetan: Murmel-Rennen. Der Kanal Jelle’s Marble Runs veranstaltet jedes Jahr einen Wettbewerb zwischen Teams aus Murmeln, die sich auf wilden und sehr kreativ gestalteten Parcours Wettrennen liefern. Einfach nur den Gesetzen der Physik folgend. Das ist vollkommen kontaktlos und damit natürlich für das “physical distancing” prädestiniert.
Wir haben uns dann gleich mal zwei oder drei dieser Videos angeschaut und ich war überrascht: Es funktioniert! Diese kleinen Murmel-Rennen können bei mir genau dasselbe Bedürfnis befriedigen wie beispielsweise Biathlon, Bob-Rennen, Tennis oder Fußball. Und dass, obwohl hier einfach nur unbelebte Murmeln - zugegebenermaßen kreative - Bahnen entlangrollen.
Das weckt dann natürlich die Frage, warum es überhaupt unterhaltsam ist, Sport zu schauen und welche “Tricks” Jelle und Dion Bakker nutzen, um dieses Gefühl zu wecken. Ohne große Recherche kommen mir dabei folgende Gedanken:
Was verrät und das nun aber für den “menschlichen” Sport, wenn ein paar Murmeln - passend inszeniert - nach nur ein paar Minuten ähnliche Emotionen und Bindungen auslösen können? Es zeigt vor allem, dass es den Zuschauer_innen bei professionellen Sport nur zum Teil um dem eigentlichen Sport und die Fähigkeiten der Sportler_innen geht, sondern um Unterhaltung durch Identifikation und Wettbewerb.
Ganz im Sinne von Romanen wie Die Welle oder dem berühmten Stanford-Prison-Experiment reicht uns ein passender emotionaler Rahmen und klar markierte Unterschiede zwischen den Beteiligten, um uns mit einer Gruppe zu identifizieren und ein Team anzufeuern. Das geht schnell und braucht keine lange gewachsenen Bindungen - die das ganze aber natürlich verfestigen und verschärfen können. Als Zuschauer*innen wählen wir in diesem spielerischen Konflikt also ganz automatisch eine Seite.
Es verrät mir auch, warum ich beim “echten” Sport automatisch immer irgendwie mit den deutschen Sportler*innen fiebere, auch wenn ich außer ihrer Nationalität nichts über sie weiß: Es ist der einzige offensichtliche Unterschied zwischen ihnen und dann kann ich mich doch einfach denen verbunden fühlen, die mir in dieser Hinsicht ähnlich sind. Würden die Kommentator*innen und die Anzeigetafeln die Studienfächer, das Lieblingstier oder die Hobbies der Athlet*innen angeben, würde ich die Soziolog*innen anfeuern, die Erdmännchen-Freunde oder die Leseratten…
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